Premiere – die Rur

Dormagen 19. Juli 2020

Und was für eine! Für alle war es die erste Vereinsfahrt unter Corona-Regeln, für mich dazu das erste Mal überhaupt auf der Rur.

Klar, wir konnten auch unter den Corona Einschränkungen mit Abstrichen paddeln, privat sowieso und unter Einhaltung der Abstandsregeln (und anfangs ohne Nutzung der Gemeinschaftsräume und immer noch unter Verzicht auf die Duschen) vom Bootshaus aus in verschiedenen Variationen. Zuerst stromabwärts und dann hinauf oder umgekehrt, mit Querung des Rheins oder nur auf der Zonser Seite. Das ist durchaus vielfältig, Wasserstand, Wind und Schiffsverkehr sind dabei wechselhafte Elemente. Überraschungen gehören dazu, sosehr ich die Stadt mag, das Frachtschiff „Seattle“ kann bergfahrend am Kribbenkopf eine Wassertreppe erzeugen, die für mich unbezwingbar ist. Für viele Dinge im Leben lohnt es sich abzuwarten bis die Zeit reif ist und die Umstände passen, so auch in diesem Fall.

Also große Freude, als Carsten eine Tour auf der Rur ankündigt, von Heimbach über das Staubecken hinweg ca. 20 km nach Obermaubach. Die Eifel-Rur, gerne mit dem Zusatz „ohne h“ versehen, gehört zu den anmeldepflichtigen Kleinflüssen, entsprechend werden für die Boote aufzuklebende Nummern vergeben. Die Beschränkung auf maximal 120 Boote am Wochenende dient dem Naturschutz und in einer Phase bis zum 15. Juli ist die Befahrung ganz untersagt wohl um das Brüten der Vögel nicht stören. Das akzeptieren wir gerne. Jürgen hat per InterNet gebucht. Weiterhin wird der Wasserstand über den Auslass aus dem Stausee reguliert.
Die „Üblichen Verdächtigen“ Wanderfahrer, die gerade nicht in Urlaub sind, melden sich sehr umgehend an, so dass wir am Sonntag morgens gegen 9 Uhr mit den zwei Vereinsbussen und einem Bootshänger starten. Allerdings nachdem der Reifendruck an Bus und Hänger eingestellt worden ist, dem geschulten Auge von Petra, obwohl nicht im Dienst, ist der Mangel rechtzeitig aufgefallen.
Die Busse fahren raus und ich schließe korrekt das Tor von außen ab – allerdings unter Einsperren von Theo, der sich nach dem Aufpumpen der Reifen die Hände gewaschen hat, mitdenken kann helfen muss ich mir sagen…
Korrekt platziert und maskiert wie Zorro, nur eben etwas tiefer im Gesicht, erreichen wir mit unseren bewährten Fahrern Jakob und Carsten das Ziel kurz vor dem kommerziellen Kanuverleih. Ute ist schon da, wie immer steht ihr Canadier bereit. Diesmal ergänzt durch einen Zweier-Canadier gefahren von Maren und Yannick, zur Überraschung seiner Eltern, die nicht wissen, dass er teilnimmt.
Abladen und umziehen, dann Weiterfahrt der Busse zum Aufnahmeort in Obermaubach. Jakob und Carsten kommen per Bahn zurück, das erspart weitere PKW-Fahrten. In der Wartezeit können Fußrasten optimiert, die Nummern aufgeklebt und die Körper durch Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme für das bevorstehende Abenteuer konditioniert werden.
Die Rur ist schmaler, flacher, vor Allem aber kälter als der Rhein, das aus dem Stausee stammende Wasser wird unten entnommen, wie war das nochmal mit der Dichte und der Temperatur?

Der Einstieg ist etwas wackelig, das gehört dazu und immerhin ist die Spritzdecke drauf bevor alle im Boot auf dem Wasser sind. Beim Ablegen warnt Marion noch vor einem Ast, der hätte die Mütze kosten können. Ein wenig bergauf paddeln, geht gut, dann Wenden zum gemeinsamen Start. „Kanten“ schallt es zu mir, der das gerufen hat muss wohl schwache Augen haben, sonst hätte er gesehen, dass ich aufgekantet habe, ungefähr 5 mm.

Der erste Eindruck ist, in das Grüne, in einen Wald zu gleiten, belaubte Bäume, grüne Wiesen als Lichtungen, teilweise mit gehörntem Vieh, toll, dass es das noch gibt. Natürlich auch Zelte, Holzhütten, klar, das Ufer ist attraktiv. Hinter der Holzbrücke kommt bald die erste Stufe, die eine gewisse Aufmerksamkeit erfordert, Hauptstrom links, in dem muss gefahren werden, funktioniert. „Das war die erste Prüfung“ meint Marion und sie weiß ja, wovon sie spricht.

Auf im Wasser liegende Bäume, hereinragende Äste, Baumstümpfe und Steine gilt es schon zu achten, selbstredend wird ohne Fußsteuerung gepaddelt, das Steuerblatt wäre am Ende der Tour wohl auch nichtmehr da.

Mit typischem Rauschen kündigt sich die nächste Stufe mit ausgedehntem Wellenfeld an und bringt mir einen beachtlichen Wackler ein, ich war wohl nicht mittig genug meint Marion, nochmal gutgegangen, aber knapp.
Ein tolles Landschaftserlebnis, nah dran an vielfältigem Bewuchs und der einen oder anderen Ente.

Recht oft paddeln wir im Gänsemarsch unter Ästen hindurch, der Kopf muss dann eingezogen werden, wegen der Strömungsverhältnisse kann ich nicht beliebig ausweichen, es lohnt sich vorausschauend zu fahren, am besten den erfahrenen KameradInnen hinterher Die Canadier kommen sehr gut zurecht.

Eine Pause nach gut einer Stunde bietet sich bei einer Außengastronomie mit Anleger an. Spezi, Radler oder bleifreies Weizen und ein Schwätzchen bauen Körper und Geist weiter auf. Wir denken auch an die VereinskameradInnen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mitfahren können.

Ein Blick in den dry-bag verrät mir, dass der Autoschlüssel und damit etwas Bargeld sich unerwartet nicht darin befindet, mit freundlicher Unterstützung von Nina kann ich das Lokal aber doch legal und damit ohne Hast verlassen.

Ein kleiner Hund ist mir unterwegs schon aufgefallen, sehr interessiert schaut er, mit den Vorderläufen auf die Bordwand eines Canadiers gestützt, den anderen Kanuten zu. Ein anderer Hund paddelt bei unserem Rastplatz geraume Zeit im Wasser, exakt an einer Stelle bleibend um irgendwann das erfrischende Nass wieder zu verlassen. Verblüffend ist ein weiterer Hund, nur einen Kopf kleiner als Frauchen und weiteres Frauchen, zwischen beiden eher stoisch im Dreier-Kayak sitzend, so ziehen sie vorbei.

Wir legen erneut los, reinrutschen in das Wasser oder Ablegen von einer kleinen Treppe, aber nicht ohne vorher noch mit einem von Maren selbstgebackenem Muffin verwöhnt worden zu sein, sehr lecker.

Eine Linkskurve mit relativ starker Strömung wegen des anlaufenden Wassers in eher enger Stelle schätze ich falsch ein, zu spät versuche ich vom Uferbereich wegzukommen. Um mit dem Paddel nicht in herabhängenden Ästen zu verheddern lege ich das Paddel an. Ich schrappe an einem Baumstamm vorbei, kein Kentern. Ich habe die Rechnung aber ohne den Richard gemacht: er erinnert mich mit klaren Worten an die Leitlinie, dass man sich, wenn es darauf ankommt, nicht treiben lassen darf sondern aktiv paddeln muss, kanten, nach links halten vom Ufer-Hindernis weg.
Recht hat er.

Zwei Angler stehen mitten im Wasser und holen freundlicherweise ihre Gerätschaften ein um uns durchzulassen, Petri Heil.

Es gibt noch den einen oder anderen Rumpler, wenn der Boden kurz aufsetzt oder doch ein größerer Stein sich seitlich meldet, es bleibt aber alles im grünen Bereich einschließlich der angenehmen Temperaturen, die Rur kühlt eher den Bootskörper, der Rhein aktuell eher nicht.

Mitunter ist erst sehr spät erkennbar wie der Flusslauf weitergeht, das erzeugt teilweise einen etwas geheimnisvollen, urwaldartigen Eindruck. Am Ende erweitert sich der Lauf allerdings in den aufgestauten, strömungslosen Teil, hier ahnen wir, dass uns eine unlesbare Hinweistafel an einer Brücke etwas sagen will. Wir verstehen es dann auch ohne Text; Bojen weisen eine Fahrrinne aus, die beidseitig Ruhezonen für die Wildtiere ausspart.
Ein Doppeldecker über dem Wasser, drei Duzend Schwäne im Wasser, zwei Vierergruppen giggelnder junger Damen in Tretbooten weisen uns den Weg zum Steg, den wir zum Ausstieg nutzen, vorzugsweise an den Stellen ohne Entendreck.

Carsten findet im Bus die vermissten vorbereiteten Butterbrote, mit vermutlich größerer Erleichterung entdecke ich meinen Schlüssel in der Jeans.

Auf der Fahrt fallen uns abgestorbene Bäume auf und erinnern uns unseren ökologischen Fußabdruck zu bedenken. Was für eine ansprechende Wasser-Wander-Tour mit ganz eigener Ästhetik, dazu gehört auch, dass frau/man Gelegenheit zum Austausch hat und genau so gut auch gefühlt alleine mit der Natur Eins sein und die Seele baumeln lassen kann. Wie schön es hier doch ist und so soll es auch bleiben!

Ein Dankeschön den Organisatoren und Fahrern, den Gewichthebern wie Theo und Richard, die geholfen haben meine große und schwere „Plastikschüssel“ (= Bootskörper aus high tech hochmolekularem Polyethylen) auf dem Dach des Busses zu verzurren und zu transportieren und allen für die tolle Stimmung!

Rainer

Weitere Fotos gibt es hier:  https://photos.app.goo.gl/tnmYK7udtG8cW8iB6

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