Dormagen 07. September 2020
Feiern konnte der WSC schon immer gut und gerne; und so war zum 70jährigen Bestehen des Dormagener Kanuvereins eine große Party mit Life Band geplant. Doch Corona machte wie so vielen einen Strich durch die Rechnung, alle Feierlichkeiten fielen ins Wasser. Dabei blickt der Verein auf eine Erfolgsgeschichte zurück, die mehr als eine Schlagzeile wert ist.
Unzählige Jungen und Mädchen und auch Erwachsene haben beim WSC das Paddeln gelernt und sich an dem schönen Sport in der Natur erfreut. Viele haben in der Gemeinschaft ein Zuhause gefunden und sind hier im wahrsten Sinne des Wortes „groß“ geworden, sei es sportlich, physisch oder in ihrer Persönlichkeitsentwicklung.
An wem ließe sich diese erfolgreiche Entwicklung nicht besser aufzeigen als an den beiden Sportlern Theo Nüsing und Jakob Hitz. Nüsings Geburtsjahr fiel zusammen mit der Gründung des Vereins. Aus einer losen Gemeinschaft von Wassersportlern gründete sich unter dem Vorsitz von Heinz Overzier am 8. Juli Grün-Weiß Dormagen 1950. Ein monatlicher Mitgliedsbeitrag von 0,50 DM wurde festgelegt, sowie der Gasthof Schnorrenberg als „Club-Lokal“ in Ermangelung eigener Räumlichkeiten.
Als Nüsing mit 14 Jahren dem Verein beitrat, war man bereits stolz auf das gepachtete Gelände an den Rheinauen in Zons und auf das vereinseigene Bootshaus, das 1962 dort fertiggestellt worden war. Und noch eine weitreichende Entscheidung wurde Anfang der 60er Jahre getroffen: Der Verein öffnete sich dem Wettkampfsport und gründete eine Slalomgruppe unter der Führung von Hans-Peter Köpping und Hartmut Weinberger, die die ersten Rennen bestritten und den Kanadier-Zweier (CII) für sich entdeckten.
So wurde bei Neuling Nüsing auch nicht lange gefackelt, mit Jakob Hitz als Hintermann, dem älteren und um ein paar Monate erfahreneren Paddler, und ihm als Vordermann war der CII besetzt. „Entweder ihr geht zusammen ins Boot, oder ihr könnt gehen“, war die klare Ansage. Dass diese aus heutiger Sicht rigide Vorgehensweise zu internationalen Erfolgen wie dem 5. Platz im Einzel und Mannschaftssilber bei der WM 1971 in Meran, zur Olympiateilnahme sowie zu einer langjährigen und noch immer währenden Freundschaft führen würde, konnte damals noch keiner wissen.
Ende der 60er Jahre begann der Verein, seit 1969 heißt er WSC Bayer Dormagen, in Wevelinghoven auf der Erft erste bundesoffene Rennen auszurichten, und unter Federführung von Köpping wurde der WSC Bundesstützpunkt mit ihm als Bundeskadertrainer. Weitere große Erfolge ließen nicht lange auf sich warten:
1979 Weltmeister im C2, Herren, Einzel - Dieter Welsink-Peter Czupryna
1996 Olympia Bronze im K1, Herren, Einzel - Thomas Becker
1996 Europameister im C2, Herren, Einzel - Rüdiger Hübbers-Udo Raumann
1997 Weltmeister im K1, Herren, Einzel - Thomas Becker
2007 Vizeweltmeister im CI, Mannschaft – Lukas Hoffmann
Da hatten Nüsing/Hitz dem Wettkampfsport längst Adieu gesagt und Nüsing seine zweite Karriere im Verein als Jugendwart gestartet, während Hitz sich für einige Jahre mehr in Beruf und Familie engagierte. Mit Nüsing und unterstützt von Jürgen Münchow, der dem Verein seit über 20 Jahren vorsitzt, entwickelte sich der WSC zu einem richtigen Familienverein. Während ihre Kinder bei Wettkämpfen auf Erft, Ruhr, Lippe, Lahn oder Sieg im Wettkampf Auf- und Abwärtstore bewältigten, unternahmen die Eltern neben der Betreuung und Verpflegung der Sportler/innen Wanderfahrten auf ebenselben Flüssen. Angefangen mit Trainingsfreizeiten in Bayern oder Österreich fährt man schon viele Jahre in den Osterferien nach St. Pierre de Boeuf südlich Lyon und im Sommer an die Durance in den südlichen Alpen, wo sich für Groß und Klein die passende Herausforderung bietet. Im kommenden Jahr versucht man Corona bedingt wieder Ziele in Deutschland anzusteuern. Theo Nüsing und mittlerweile auch wieder Jakob Hitz sind immer dabei. So auch bei den wöchentlichen Treffen der Arbeitsgruppe, um das Bootshaus, das 2003 erweitert wurde, und das Gelände instand zu halten und neue Pläne zu verwirklichen, wie aktuell eine Toranlage am Rhein.
Die größte und wichtigste Vision des Vereins bleibt die Wildwasserstrecke am Straberger See, damit auch in Zukunft der Wettkampfsport im Kanuslalom oder im Kanu-Freestyle gesichert ist und auch die vielen jungen Nachwuchssportler/innen, die jedes Jahr zum WSC kommen, um diesen schönen Sport zu kennenzulernen, eine Zukunft im Verein und im Sport haben.
Auch aktuell ist der WSC weiterhin erfolgreich und stellt mit Marten Konrad den amtierenden deutschen Jugendmeister im Kajak. In den letzten Jahren haben auch immer mehr Mädchen zum Verein gefunden und nationale und internationale Erfolge gefeiert. 2019 holten Anna Faber in der Leistungsklasse, Liv Konrad bei den Juniorinnen und Nele Baikowski in der weiblichen Jugend den deutschen Meistertitel.
Geschrieben von: E. Faber